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Den Artikel verfasste Marike Ziehmann

Ist das Storytelling oder kann das weg?

Wann genau der ikonische Satz „Ist das Kunst oder kann das weg“ entstanden ist, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Vermutlich geht der Scherz aber auf die unabsichtliche Zerstörung zweier Kunstwerke von Joseph Beuys zurück.

Diese provokante Sichtweise lässt sich oft auch auf werbende Texte übertragen. Und ja, Fundraising-Kampagnen sollen verkaufen: Ihre Organisation, Ihre Projekte, wofür eben Geld benötigt wird! Das gelingt nicht immer. Doch bevor wir uns damit befassen, was gute Texte – nicht nur im Fundraising – ausmacht, drehen wir den Spieß doch einmal um.

Zum Schutz der betreffenden NGO wurde das folgende Beispiel wo nötig verfremdet, doch es entstammt im Kern einem tatsächlich verschickten Spendenbrief:

 

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Liebe Förderer,

heute schreibe ich Ihnen mit einem dringenden Anliegen: unser Schulbau-Projekt in einem der ärmsten Länder weltweit. Wie Sie wissen, ist es unsere Mission dort Bildungsangebote zu schaffen, wo sie am nötigsten gebraucht werden. Fast 50 Schulen sind mit unseren lokalen Partnern bereits entstanden. Doch diese Schule soll nun unser Vorzeigeprojekt werden. Wie das mit Ihrer Unterstützung einmal aussehen kann, zeigen Ihnen die vielen Fotos hier und in der Beilage!

Seien Sie ehrlich! Wie groß ist Ihr Interesse, nach diesem Einstieg weiterzulesen?

Schlimm genug, dass die Aufmerksamkeit des Spenders schon im ersten Absatz vom Brief zu einem anderen Bestandteil gelenkt wird. Es gibt auch keine klare Geschichte, die erzählt wird.

Was für eine vertane Chance! Schließlich ist Storytelling essenzieller Bestandteil werbewirksamer Texte. Woran das liegt, bringt Paul Zak, Professor am Caremont College und Autor von „The Moral Molecule: How Trust Works“ auf den Punkt: „Wenn Menschen einer Geschichte folgen, beginnen sie, sich mit den darin vorkommenden Charakteren zu identifizieren. Sie beginnen deren Gefühle zu teilen, dabei wird das Glückshormon Oxytocin ausgeschüttet. Das erzeugt Vertrauen. Dem Verfasser und seiner Geschichte wird Glauben geschenkt und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Lesenden genau die Handlung ausführen, um die sie der Verfasser bittet.“

Um dies auf einen Spendenbrief zu übertragen, muss das beworbene Projekt zu einer Geschichte werden. Das gelingt, indem wir nicht den Schulbau in den Fokus rücken, sondern diesen als Lösung des Problems für unseren noch zu findenden Protagonisten nehmen. Das könnte dann wie folgt klingen:

Liebe Förderer,

als ich noch Schüler war, empfand ich den Unterricht oft als lästige Pflicht. Viel lieber wollte ich an warmen Sommertagen draußen mit meinen Freunden auf dem Bolzplatz Fußball spielen. Wie privilegiert diese Sichtweise ist, wurde mir erst viele Jahre später klar, als ich auf den zehnjährigen Abed traf. Er kommt aus einer sehr armen Familie und in seiner Heimat gibt es keine Schulpflicht. Seine Eltern haben weder das Geld noch die Möglichkeiten, ihren Sohn auf die fast 100 Kilometer entfernte Schule zu schicken. Darum hilft Abed seinen Eltern jeden Tag auf dem Feld.

Abed träumt davon, aus diesem Leben auszubrechen. Er will eine Schule besuchen, er will lernen und er will später einmal einen gut bezahlten Beruf ergreifen! Doch dieser Wunsch wird sich nur erfüllen, wenn Sie, Herr Dr. von Mustermann, unser Schulprojekt unterstützen!

Wie anders liest sich dagegen dieser Briefeinstieg! Alle Leserinnen und Leser haben eigene mehr oder weniger emotionale Erinnerungen an ihre Schulzeit und auch die Überleitung zum Protagonisten der Story ist nachvollziehbar. So entstehen sofort Bilder im Kopf und im Idealfall, der Wunsch zu helfen.

Was macht also eine gute Geschichte aus? Im Grunde lässt sich ein gelungener Spannungsbogen auf fünf Punkte herunterbrechen:

  1. Eine gute Einführung
    Die Aufmerksamkeitsspanne von uns Menschen ist relativ kurz. Nach zwei bis drei Sekunden haben wir entschieden, ob wir uns weiter mit dem gerade Gelesenen beschäftigen wollen oder eben nicht. Diese Zeitspanne reicht gerade einmal für den ersten Satz. Die Einleitung muss also sitzen!
     
  2. Ein Protagonist mit einem Ziel
    Menschen sind geübt darin, sich in die Gefühle und Gedanken anderer hinein zu versetzen. Wenn es einen Protagonisten gibt, erleben wir das Erzählte aus der Perspektive dieser Figur. Das Leid des Protagonisten wird unser eigenes. Und das wollen wir natürlich lindern.
     
  3. Hindernisse oder Konflikte, die dem Ziel im Weg stehen
    Wie bereits zum Thema „Protagonist“ angedeutet, braucht es ein Problem, das gelöst werden muss. Denn warum sollte ich als Leser handeln (spenden) wenn es keine Schwierigkeiten zu überwinden gilt (der Zweck, für den gespendet wird).
     
  4. Der Höhepunkt
    Die Handlung spitzt sich zu. Unsere ganze Aufmerksamkeit als Leser ist jetzt beim Protagonisten. Das Hindernis aus Punkt drei erscheint uns fast als unüberwindbar …
     
  5. Die Auflösung des Problems verbunden mit einer Handlung
    … und dann präsentiert uns die Geschichte eine Lösung (im genannten Spendenbrief-Beispiel wäre das der Schulbau), die mit unserem Zutun (hier den Spendenaufruf tätigen) erreicht werden kann.

Wenn Sie diese Tipps beim Verfassen Ihrer Spendenmailings beherzigen, wird ein Happy End für Ihr Projekt sicher nicht ausbleiben. Mehr über das Thema lesen Sie auch in dem Buch „Tell me!

 

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Kontakt-Informationen SAZ-Gruppe:
Postalische Mailings, die gut ankommen – die SAZ-Gruppe ist Ihr Partner, wenn es um response-starke Kampagnen geht. Sprechen Sie uns an, wir beraten Sie gern. Tel.: +49 5137 88 1444, E-Mail: marketing@saz.com

 

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